Das zuständige Referat der BNetzA hatte die fünf L-Gas-Fernleitungsnetzbetreiber sowie 25 große L-Gas-Verteilnetzbetreiber kurz vor Weihnachten aufgefordert, die Risiken der Marktraumumstellung zu analysieren. Die Marktraumumstellung, schrieb die BNetzA, wurde im Rahmen der Risikobewertung durch das Wirtschaftsministerium gemäß den Vorgaben der europäischen Verordnung für Gasversorgungssicherheit (SoS-Verordnung) als ein Bereich mit einem erhöhten Risiko identifiziert. Das Fehlen von ausreichend qualifizierten Dienstleistungsunternehmen und die verspätete Fertigstellung von notwendigen Netzausbaumaßnahmen könnten sich nachteilig auf den Umstellungsplan auswirken. Angesichts der Diskussionen um die Gasförderung in Groningen, könnte dies zu einer Belastung der L-Gas Mengenbilanz führen. Die SoS-Verordnung räumt der BNetzA als für die Umsetzung von Maßnahmen zur Versorgungssicherheit zuständiger Behörde weitreichende Auskunftsbefugnisse ein. Bis zum 31. März dieses Jahres sollen die betroffenen Netzbetreiber deshalb identifizierte Risiken und ihre Auswirkungen in einer Risikomatrix darstellen. Sie sollen zudem mögliche Abhilfemaßnahmen entwickeln, ihre Wirkungen beschreiben und mögliche Kosten zu kalkulieren.
Mit der SoS-Abfrage hatte die BNetzA bei den Verteilnetzbetreibern aber vor allem Unsicherheit ausgelöst. Nicht angeschriebene Netzbetreiber fragen sich, ob sie später noch einbezogen werden. Betroffene Netzbetreiber fragen sich, wie konkret ihre Antworten sein müssen und welche Verbindlichkeit dies auslöst. Die Arbeitsgemeinschaft Erdgasumstellung (ARGE EGU) hatte dazu am 13. Februar einen Workshop durchgeführt. Für die Verteilnetzbetreiber, so aus dem Umfeld der ARGE, biete die Analyse durchaus auch Chancen. In der Analyse könnte man darlegen, dass Maßnahmen, mit denen die Qualität und Geschwindigkeit des Umstellungsprozesses abgesichert wird, der Risikoprävention dienen. Dies könnte die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass die Kosten dieser Maßnahmen von der BNetzA tatsächlich als Umstellungsosten anerkannt werden. Derzeit gibt es dabei wohl „Graubereiche“ in denen die Anerkennung zum Beispiel von Werbemaßnahmen für die Erdgasumstellung nicht gesichert ist.
Bei einem möglichen Risiko, der „Diskussion um die Gasförderung in Groningen“ sorgte im Februar das niederländische Wirtschaftsministerium eher für Beruhigung. In einem Brief an das niederländische Parlament, schrieb Wirtschaftsminister Eric Wiebes, die Produktion in dem Groningen-Feld werde im Gaswirtschaftsjahr 2019/2020 nur 15,9 Mrd. statt 17,4 Mrd. m3 betragen. Dies gilt für den sogenannten Basispfad auf der Grundlage einer mittleren Temperaurentwicklung. Der niederländische Transportnetzbetreiber Gasunie Transport Service (GTS) hatte Ende Januar dem niederländischen Wirtschaftsministerium seine aktualisierten Abschätzungen für die benötigte Groningen-Produktion übermittelt. Der wesentliche Grund für den geringeren Bedarf sind zusätzliche Stickstoff-Käufe durch GTS. Für die Mischstation Wieringermeer wird der Stickstoffeinsatz ab Januar 2020 um 80.000 m3/Stunde erhöht. Der zusätzliche Stickstoffkauf war 2018 als eine Maßnahme zur Reduktion der Groningen-Produktion vereinbart worden. Durch die Beimischung von Stickstoff kann sogernanntes „Pseudo-L-Gas“ aus H-Gas produziert werden.
Ab 2022 will GTS die Produktion dieses Pseudo-L-Gases noch einmal um 7,5 Mrd. m3/a steigern. Dann soll am Standort Zuidbroek eine weitere sehr große Anlage zur Stickstoffbeimischung in Betrieb genommen werden. In dem Schreiben an das niederländische Parlament schreibt Wiebes, die Arbeiten seien im Plan, die Anlage werde voraussichtlich im Frühjahr 2022 in Betrieb gehen. Aus dem Umfeld der Gasunie war dazu zu hören, man habe den besten Ingenieur des Unternehmens bei dem Projekt eingesetzt. Lokale Widerstände gegen die Anlage gebe es nicht.
Auch bei einem anderen Teil der niederländischen „Ausstiegsplanung“ aus der Groningen-Produktion kündigt Wiebes Aktivität an. Zum 1. März will das Ministerium einen Gesetzesentwurf vorlegen, in dem das Abschalten der Versorgung mit L-Gas für die größten industriellen Nutzer geregelt werden soll. Betroffen sind alle Unternehmen, die mehr als 100 Mio. m3 pro Jahr verbrauchen. Es handelt sich um insgesamt neun Unternehmen. Der Entwurf soll dann konsultiert werden, das Gesetz am 1. Januar 2020 in Kraft treten.