Die L-Gas-Versorgungssicherheit in den Niederlanden wird zunehmend von der Verfügbarkeit von H-Gas im Nachbarland Deutschlands abhängig. Dies ist einer der zentralen Befunde des „Winter Berichts 2020“ der Task Force zur Überwachung der L-Gas Umstellung.
Die Task Force wurde im vergangenen Jahr auf Initiative der Niederlande nach dem starken Erdbeben im Mai gebildet. In ihr treffen sich Vertreter der Regierungen, Fernleitungsnetzbetreiber (FNBs) und Regulierungsbehörden aus den Niederlanden sowie den L-Gas-Importländern Belgien, Deutschland und Frankreich. Zudem sitzt ein Vertreter der EU-Kommission als Beobachter mit am Tisch. Die Internationale Energieagentur (IEA) und das europäische Netzwerk der FNBs, ENTSO-G erstellen in Zukunft zwei Mal im Jahr für die Task Force den Bericht. In den Niederlanden dient er der Information des Parlamentes über den Fortschritt bei der Reduzierung der Nachfrage nach Groningen-Gas.
Der aktuelle Bericht ist die Premiere und wurde am 21. Februar dem Parlament überreicht. Nach dem Erdbeben 2019 hatte die niederländische Regierung beschlossen, in einem Normaljahr im Gaswirtschaftsjahr 2022 die Produktion in Groningen fast komplett einzustellen. Trotz einer zunehmenden Umstellung von L-Gas auf H-Gas in den Importländern können die Niederlande ihre Exportverpflichtungen dann nur erfüllen, wenn Groningen-Gas vollständig durch so genanntes Pseudo-L-Gas ersetzt wird. Dabei wird H-Gas mit Stickstoff gemischt. Schon im Gaswirtschaftsjahr 2018/19 bestand das L-Gas-Angebot zu 65 Prozent aus Pseudo-L-Gas. Seit Januar 2020 können durch die Erweiterung einer bestehenden Mischanlage weitere knapp 50 TWh Pseudo-L-Gas erzeugt werden. Im April 2022 wird in Zuidbroek eine neue Anlage in Betrieb gehen, die 68 TWh Pseudo-L-Gas erzeugen kann. Damit benötigt die Niederlande zunehmend H-Gas, um L-Gas produzieren zu können. Von 2014 bis 2018 stiegen die Importe von 259 auf 507 TWh, im Jahr 2018 wurden die Niederlande erstmals Nettoimporteur für L-Gas. Die Importe werden weiter steigen.
Deshalb stellt sich in den Niederlanden zunehmend die Frage, ob ausreichend Transportkapazität zur Verfügung steht, um H-Gas in die Niederlande zu bringen. H-Gas kommt zum einen aus Norwegen über Emden in die Niederlande, zum anderen aus Russland über den deutsch-niederländischen Grenzübergangspunkt Bunde/Oude-Statensijl und als LNG über das Gate-Terminal. Für das laufende Gaswirtschaftsjahr reichen die verfügbaren Importkapazitäten, selbst bei einer zweiwöchigen Kältewelle (die mittlerweile unwahrscheinlich ist), so die ENTSO-G Simulationen. Aber die Task Force wird die Kapazitätssituation weiter analysieren.
Wie lauten die weiteren Befunde des Berichts? Deutschland wird für seine Maßnahmen einer vorzeitigen Umstellung bei Industrieunternehmen und Kraftwerken gelobt, mit denen der Umstellungsprozess beschleunigt wurde. Im Gaswirtschaftsjahr 2018/19 war zudem der L-Gas Verbrauch fünf Prozent niedriger als im Vorjahreszeitraum. Zu 60 Prozent ist dies dem milden Wetter zu verdanken und zu 40 Prozent dem Umstellungsprozess. Weitere Möglichkeiten, den Prozess zu beschleunigen, sieht die Task Force derzeit nicht. Der nächste Bericht soll Ende Juni veröffentlicht werden.