Das Risiko einer Verzögerung bei der Fertigstellung der neuen Anlage zur Strickstoff-Beimischung steigt. Die Anlage im niederländischen Zuidbroek soll ab April 2022 durch die Beimischung von Stickstoff zu H-Gas zusätzlich 68 bis 97 TWh so genanntes Pseudo-L-Gas produzieren. Dies ist Voraussetzung dafür, dass die Niederlande, wie geplant, 2022 aus der L-Gas Produktion in Groningen aussteigen kann. Die Task Force Monitoring L-Gas Conversion hat am 11. Februar ihren Winter Report 2021 veröffentlicht. Die Task Force besteht aus Vertretern der Regierungen, Regulierungsbehörden sowie Fernleitungsnetzbetreibern der Niederlande und der L-Gas-Importländer Belgien, Deutschland und Frankreich. Den – mittlerweile dritten – Bericht haben die Internationale Energieagentur (IEA) und der europäische Verband der Fernleitungsnetzbetreiber, ENTSO-G erstellt. Zu der Anlage in Zuidbroek hieß es im Sommerbericht, durch Covid-19 habe bisher keine Auswirkungen auf das Projekt gehabt. Aber Unsicherheiten bezüglich der weiteren Entwicklung der Pandemie und ihre Auswirkungen auf das Projekt seien ein Risikofaktor. Im aktuellen Bericht wird der Ton sorgenvoller: Die Zeitreserven bei dem Projekt seien aufgebraucht. „Es besteht ein echtes Risiko einer Verzögerung der Inbetriebnahme von Zuidbroek“. Dieser Satz findet sich drei Mal in dem Bericht.
Ansonsten ist trotz Covid-19 der Umstellungsprozess bei den Endkunden weitgehend im Plan. Dies gilt für die Niederlande und alle drei Importländer. Die L-Gas Nachfrage ging insgesamt im Gaswirtschaftsjahr 2019/20 gegenüber dem Vorjahreszeitraum um fünf Prozent zurück. Verzögerungen hat es bei der Umstellung von vier der neun größten industriellen L-Gas Nutzer in den Niederlanden gegeben. Dies könnte einen geringen Einfluss auf die benötigte Groningen-Produktion haben. Weiter beobachten wird die Task Force die Verfügbarkeit von H-Gas in den Niederlanden im Fall von Unterbrechungen der Infrastruktur. Seit dem Gaswirtschaftsjahr 2013/14 haben sich die H-Gas Importe fast verdoppelt, da zunehmend L-Gas durch Pseudo-L-Gas ersetzt wird. Die Importe betragen rund 50 Mrd. m³. In einem normalen Winter und bei einer kurzen Kälteperiode reichen die Kapazitäten auch dann aus, wenn einzelne Importrouten unterbrochen sind. Für einen kalten Winter wird ENTSO-G weitere Analysen durchführen.
Der niederländische Wirtschaftsminister, hat den Report an das niederländische Parlament übersandt. Er ist Anhang eines Briefes, in dem er einen Vorschlag für die L-Gas Produktion im nächsten Gaswirtschaftsjahr unterbreitet. Sie soll dann in einem normalen Jahr 3,9 Mrd. m³ betragen. Im laufenden Gaswirtschaftsjahr wird eine Produktion von 8,1 Mrd. m³ erwartet. Im Laufe des Gaswirtschaftsjahres 2021/22 soll dann die Nutzung des Groningen-Feldes in einem Normaljahr enden. In dem Brief betont der Minister, er bleibe bei der Annahme, dass die Anlage in Zuidbroek im April in Betrieb geht. Bei einer Verzögerung von sechs Monaten bis zu einem Jahr, müssten 1,3 bis 3,6 Mrd. m³ zusätzlich in Groningen produziert werden.