Die Herausforderungen der „Peak-Phase“ bei der Marktraumumstellung waren das zentrale Thema der 7. Dienstleistungsinitiative der Arbeitsgemeinschaft Marktraumumstellung (ARGE EGU). Dieses Jahr trafen sich Vertreter der Verteilnetzbetreiber, Dienstleistungsunternehmen und Hersteller nicht, wie üblich in Bielefeld, sondern Corona-bedingt virtuell. Ab 2021 beginnt die wirklich heiße Phase des Umstellungsprozesses. Dann sind 568.000 Geräte umzustellen. Erst 2027 sinkt die Zahl wieder deutlich unter die 500.000. Die Anzahl der Monteure, sagte Berater Michael Rabenau, einer der besten Kenner des Dienstleistungsmarktes, sollte ausreichen. Nach seinen Erhebungen beschäftigen die 35 zertifizierten Firmen insgesamt 770 Monteure, 90 mehr als im vergangenen Jahr. Die Anzahl sollte reichen, auch wenn die Qualifikation der Monteure weiter nicht optimal ist. Aber es gebe Fortschritte, zeigte sich Rabenau verhalten optimistisch. Dennoch, die Zahl von 40 Anpassungen und Umstellungen pro Woche, die er selber für möglich gehalten habe, werde nicht erreicht. Es fehlten noch die Erfahrungen mit einer hohen Zahl von Umstellungen. Das Thema Zertifizierung und Qualitätssicherung hat der DVGW neu aufgegriffen. Frank Dietzsch, Leiter Ordnungsrahmen Gastechnologien und Energiesysteme beim DVGW, kündigte eine Anpassung der Zertifizierungsgrundlagen, die überarbeitet werden, an. Man habe den Markt genau beobachtet und bessere Erfahrungen gesammelt, um die Grundlagen besser auf die Besonderheiten des Umstellungsprozesses anzupassen.
Ein wesentlicher Faktor für den weiteren Umstellungsprozess sei eine möglichst hohe Flexibilität und Entlastung beim Einsatz der Dienstleistungsfirmen. „Bitte verzichten Sie darauf, die Dienstleistungsunternehmen mit zusätzlichen Aufgaben, wie visuellen Prüfungen, zu beauftragen“, appellierte er an die Verteilnetzbetreiber als Auftraggeber. Zudem sollten die Projektmanager den Dienstleistungsunternehmen Flexibilität bei der Erhebung der Geräte einräumen, einer Phase, bei der die Arbeiten nicht zeitkritisch sind. Diese Appelle, betonte er, sei eine Bitte der Dienstleister. Christoph Scharfenort, Head of Sales bei ELTEL Networks GmbH, einem der Dienstleister unterstrich diesen Punkt. Wenn Schalttermine anstehen, entsteht eine Spitzenbelastung der Monteure, da die Anpassung vieler Geräte zeitkritisch ist. Selbst innerhalb der sechs Wochen nach der Schaltung, in denen viele Geräte anzupassen sind, verteile sich die Arbeit ungleichmäßig, berichtete Scharfenort. Deshalb müsse es möglich sein. Monteure von Erhebungsarbeiten in anderen Projekten abzuziehen. Scharfenort monierte, dass nicht jedes technische Projektmanagement eine entsprechende Flexibilität zulasse. Scharfenort hatte noch weitere Punkte auf seiner „Wunschliste“. Er regte eine „profilorientierte Planung“ von Monteuren an, bei der spezielle Geräteerfahrungen berücksichtigt werden. Zudem sollte man noch einmal prüfen, bei welchen Geräten die Anpassung wirklich zeitkritisch ist. Jede mögliche zeitliche Vergleichmässigung der Arbeiten hilft den Dienstleistern.
Ein Faktor, der zur Arbeitsbe- oder -entlastung beiträgt, ist die Anpassungsfähigkeit von Geräten. Frank Voßloh, Geschäftsführer von Viessmann Deutschland GmbH, öffnete dazu den Heizungskeller aus Viessmann-Sicht. Im Heizungskeller des 21. Jahrhunderts (ab 2005 bei wandhängenden Kesseln, ab 2010 bei bodenstehenden Kesseln) befinden sich Gasbrennwertgeräte in dem Keller, die automatisch die Gasart erkennen. Berater Rabenau hat in der Anpassungsdatenbank alle „gasadaptiven“ Geräte über alle Hersteller zusammengetragen. Für 2021 sind es rund 50.000 Geräte (7 – 12 Prozent), um die sich die Gesamtzahl der anzupassenden Geräte verringert. Im Heizungskeller des 20. Jahrhunderts befinden sich aber auch noch Viessmann-Geräte, bei denen keine oder nahezu keine Anpassung mehr möglich ist. Sie sind in der Regel älter als 30 Jahre. Die Brancheninitiative Zukunft Erdgas e.V. wird ihre „Raustauschwochen“, also die Förderung des Austauschs alter Gasheizungen, spezieller an die Anforderungen der Erdgasumstellung anpassen. Damit lassen sich möglicherweise Haushalten mit solch alten Geräten vernünftige Angebote machen. In Köln startet Zukunft Erdgas das neue Programm.
Die Personalüberlassung zwischen den verschiedenen Unternehmen ermöglicht zusätzliche Flexibilität. Schon derzeit sei es so, berichtete Rabenau, dass die Auslastung der Dienstleistungsunternehmen sehr unterschiedlich ist. Die geringer ausgelasteten Unternehmen überlassen ihre Mitarbeiter den mehr als gut ausgelasteten Unternehmen. Das ist nicht negativ zu bewerten, wie Rabenau, aber auch Christian Thole, Anwalt bei Becker Büttner Held (BBH) betonten. Im Frühjahr, als es auf Grund der Corona-Krise zu Engpässen gekommen ist, habe der Austausch sehr gut funktioniert, sagte Thole. Er erwartet, dass solche Personalüberlassungen in der „Peak-Phase“ zunehmen. Aber dafür müssen klare finanzielle und vertragliche Spielregelungen für die Überlassung festgelegt werden, betonte er. Daran arbeitet BBH mit verschiedenen Marktpartnern. Zudem sei eine hohe Transparenz über verfügbare Monteure wichtig.
Insgesamt, fasste Christian Held, Partner von Becker Büttner Held, zusammen, laufe der gesamte Prozess bei allen Herausforderungen ganz gut. Ein gewisser Optimismus auf dem Weg zum Gipfel sei angebracht.