In den Niederlanden hatte es für sehr viel Aufmerksamkeit und auch für viel Sympathie gesorgt: Der EWE-Vorstandsvorsitzende Stefan Dohler hatte bei einem Treffen mit dem niederländischen Wirtschaftsminister Eric Wiebes zwei Maßnahmen „versprochen“, mit denen EWE kurzfristig die Abnahme von niederländischem L-Gas um knapp 1,7 Mrd. m3 reduzieren sollte. Der Fernleitungsnetzbetreiber (FNB) des EWE-Konzerns, GTG Nord, sollte eine Anlage zur Mischung von H-Gas mit L-Gas und eine Anlage zur Beimischung von Stickstoff zu H-Gas bauen, um künstlich L-Gas zu erzeugen. Die Mischanlage ist bereits Teil des Entwurfs des deutschen Netzentwicklungsplans (NEP) Gas 2018 – 2028. Wenn die BNetzA den Plan genehmigt, wird diese Anlage gebaut.
Kritischer ist die Konvertierungsanlage. Sie ist bisher nicht Teil des NEP. GTG Nord hatte mit der BNetzA diskutiert, die Anlage nachträglich in den NEP aufzunehmen. Die BNetzA wollte dies nur tun, wenn alle FNB dem zustimmen. Der NEP sei ein gemeinsamer Plan aller FNB, deshalb könne er auch nur mit Zustimmung aller FNB geändert werden. Zumindest zwei FNB hatten Vorbehalte, wobei diese die Konvertierungsanlage aber nicht per se ablehnten. Sie argumentierten, es sei unsystematisch und entspreche nicht dem planmäßigen Vorgehen im Rahmen des NEP-Prozesses eine spezifische Anlage nachträglich aufzunehmen. Stattdessen solle die BNetzA in ihrem Änderungsverlangen zum NEP eine schnellere Reduzierung des L-Gas Importes fordern. Dann würden die FNB systematisch analysieren, welches die effizientesten Maßnahmen seien. Man werde dann sehen, ob die Konvertierungsanlage wirklich dazugehöre. Jedoch, dies haben die FNB häufig genug signalisiert, besteht eine grundsätzliche Skepsis, ob großflächige Konvertierung die richtige Lösung für die L-Gas Problematik sei. Dazu kommt: es gibt sowohl bei der BNetzA als auch dem Bundeswirtschaftsministerium durchaus Zweifel, ob die Anlage in Grundlast zur Erzeugung von L-Gas aus H-Gas und Stickstoff eingesetzt wird. Die Anlage würde nämlich allein im Rahmen der Bereitstellung interner Regelenergie genutzt werden.
Die mögliche „Absage“ der Konvertierungsanlage hat durchaus politische Implikationen. Im Bundeswirtschaftsministerium war man von Anfang an nicht wirklich erfreut über die Initiative von EWE, die man im Ministerium als Alleingang empfand. Zudem habe EWE, so hört man aus dem Ministerium, die Anlage nicht als theoretische Option, sondern als realisierbar dargestellt. All dies bestreitet EWE vehement. Es habe viele Gespräche zur Abstimmung mit dem Ministerium gegeben. Und man habe den Niederländern immer genau erklärt, dass die Anlage nur gebaut werde, wenn die Kosten erstattet würden.
Jetzt liegt der Ball wohl tatsächlich im Spielfeld der BNetzA. Im Änderungsverlangen zum Entwurf des NEP könnte die Behörde die Aufnahme des Projektes verlangen. In der Regel kommt die Entscheidung kurz vor Weihnachten, aber in diesem Jahr hat die BNetzA einige schwierige Probleme im Rahmen des NEP zu lösen.