Zumindest im Gaspool-Marktgebiet wanderte der L-Gas-Markt im vergangenen Winter stark in den Regelenergiemarkt. Dies zeigen Analysen des Verbandes der Fernleitungsnetzbetreiber FNB Gas sowie des Marktgebietsverantwortlichen Gaspool.
„Tageweise ging das in Richtung Single Buyer“, sagte Jörg Ehmke, einer der beiden Gaspool-Geschäftsführer, auf dem Gaspool-Kundentreffen am 24. Mai. An einzelnen Tagen betrug der Anteil der Regelenergie am L-Gas-Markt im März 70 Prozent. Für Gaspool ist dies ein ganz neues Phänomen. Bisher war der höchste Anteil der Regelenergie im Gesamtmarkt bei gut zehn Prozent (Februar 2017). Ein Teil des Phänomens kommt aus der bilanziellen Konvertierung von H-Gas in L-Gas. Diese fand bis zum Dezember 2017 im Gaspool-Marktgebiet nur in homöopathischen Maßen statt. Im Februar und März 2018 stieg der Anteil auf über 30 Prozent. Auf dem Höhepunkt der Kältewelle des vergangenen Winters am 28. Februar und 1. März wurde L-Gas extrem knapp. Wichtige L-Gas Speicher (EWE L-Gas Speicherzone, Lesum) waren komplett leer. Am 1. März wurde für L-Gas Day-Ahead auf der Börsenplattform Pegas ein Preis von 285 Euro/MWh bezahlt. Die Kosten für die kommerzielle Konvertierung zum Ausgleich der bilanziellen Konvertierung stiegen am 2. März auf 80 Euro/MWh.
Was sind die Konsequenzen? Das Konvertierungskonto von Gaspool ist im Minus zum 1. Oktober dieses Jahres wird mit Sicherheit die Konvertierungsumlage von aktuell 0,017 Euro/MWh kräftig erhöhen. Die FNB Gas schlagen vor, eine mögliche Anhebung der Obergrenze des Konvertierungsentgeltes zu prüfen. Auch bei Gaspool hat man dafür wohl Sympathie, ist informell zu hören. Formale Anträge dazu gibt es bisher wohl nicht. Die FNB Gas schlagen ferner vor, Regelenergieprodukte zur Versorgungssicherheit (Long-Term Options) direkt an Speichern auszuschreiben. Dies soll Anreize schaffen, die Speicher besser zu füllen und die Füllstände länger hoch zu halten. Es wird aber auch zusätzliche Kosten verursachen.
Was heißt dies für die Marktraumumstellung? Erst einmal gar nichts, der Prozess ist völlig unbeeinflusst davon. Aber wenn sich in den kommenden Wintern Turbulenzen im L-Gas Markt wiederholen, dann wird mit Sicherheit der Druck zunehmen, über weitere Maßnahmen zur Sicherung der L-Gasversorgung oder über ein Vorziehen von Umstellungsprozessen nachzudenken. Für die betroffenen Unternehmen steigen die Anreize schnell umzustellen. Beim Workshop der BNetzA zum Netzentwicklungsplan Gas 2018-2028 spielte all dies noch keine Rolle. Zur L-Gasversorgung gab es allein das Statement der BNetzA, man führe den intensiven Austausch mit den Beteiligten des Umstellungsprozesses fort.
Und im NCG-Marktgebiet? Da ist man bezüglich der Konvertierung entspannt. Im vergangenen Winter hatte NCG alles im Griff, seit April wird wieder L-Gas in H-Gas konvertiert. Ein Phänomen, das auch schon im vergangenen Sommer auftrat. Aber NCG will ein ganz anderes Fass aufmachen, was bei Verteilnetzbetreibern – ob L-Gas oder H-Gas – wahnsinnige Begeisterung auslösen wird: Die tägliche Netzkontenabrechnung! NCG schreibt in seiner Analyse zur Regelenergiebeschaffung des vergangenen Winters 45 Prozent des Bedarfs seien durch „Schiefstände in den Netzkonten der Verteilnetzbetreiber“ bedingt gewesen. Die derzeitige Ausgestaltung der täglichen Netzkontenabrechnung habe keine Anreizwirkung. Unwahrscheinlich, dass die BNetzA den Ball aufgreift, aber die Ansage von NCG ist da!