„Der Ausbau eines L-Gasversorgungsnetzes ist nicht bedarfsgerecht, wenn er auf Grund von Netzanschlüssen erfolgen muss, zu deren Einräumung der Betreiber des L-Gasversorgungsnetzes nicht verpflichtet war“, so steht es in einem Referentenentwurf zur Änderung des Energiewirtschaftsgesetzes, der schon Anfang November in das Bundeskabinett eingebracht werden soll. Zu welchen Anschlüssen der Netzbetreiber nicht verpflichtet ist, steht in dem Entwurf auch. Derjenige, der einen Anschluss will, muss nachweisen, dass ein alternativer Anschluss an ein H-Gas-Netz aus wirtschaftlichen oder technischen Gründen unmöglich oder unzumutbar ist. Technisch unmöglich – so heißt es in der Begründung zu dem Entwurf – ist ein Anschluss an das H-Gas-Netz nur, wenn gar keine Leitung verfügbar ist. Und an das Vorliegen einer wirtschaftlichen Unzumutbarkeit will der Gesetzgeber hohe Anforderungen stellen. Es muss ein besonderer Härtefall vorliegen, „der es rechtfertigt, dass die Interessen der Bestandskunden an der Aufrechterhaltung der Versorgungssicherheit hinter den Einzelinteressen des Neukunden zurücktreten“, so steht es in der Begründung wörtlich. Die Aufhebung der Anschlusspflicht gilt eingeschränkt auch für Netze der allgemeinen Versorgung von Letztverbrauchern. Da in diesem Fall aber vor allem Haushaltskunden betroffen sind, sind die Voraussetzung für die Verweigerung restriktiver. Der Netzbetreiber – nicht der Letztverbraucher – muss nachweisen, dass der Anschluss an das H-Gas Netz technisch möglich und wirtschaftlich zumutbar ist.
Der für Gas-Versorgungssicherheit zuständige Referatsleiter im Wirtschaftsministerium, Stefan Rolle, hatte das Vorhaben schon im Frühjahr auf dem Forum Marktraumumstellung der Bundesnetzagentur angekündigt. Es sei ein Beitrag Deutschlands, um die Versorgungssicherheit bei L-Gas zu erhöhen. Mit der gesetzlichen Regelung solle eine zusätzliche Nachfrage nach L-Gas verhindert werden. Und die entsprechende Änderung tauchte auch schon in dem Entwurf für das so genannte „100-Tage-Gesetz“ auf, der Ende April in Berlin kursierte. Das 100-Tage-Gesetz hatten dann die Koalitionsparteien aber erst einmal auf Eis gelegt, weil sie sich nicht auf Sonderausschreibungen für Wind- und Solaranlagen einigen konnten. Dies sollte ein Herzstück des Gesetzespaketes sein, die Regelungen zum L-Gas-Netzausbau und Netzanschluss wurden mit aufgenommen, um sie unkompliziert mit zu verabschieden.
Aus dem 100-Tage-Gesetz wurde dann im Verlauf des Sommers das sog. Energiesammelgesetz. Am 31. Oktober wurde der neue Referentenentwurf veröffentlicht, nunmehr mit den Sonderausschreibungen. Die L-Gas Regelungen schafften es mit zwei Ausnahmen unverändert in den neuen Entwurf. Die Ausnahmen: Eine Zurückweisung der Anschlusspflicht von Kunden in der allgemeinen Versorgung setzt voraus, dass der Anschluss an das H-Gas Netz auch wirtschaftlich zumutbar ist. Dieser Passus und sowie ein Regelbeispiel zur Beurteilung der wirtschaftlichen Zumutbarkeit fehlten in der ersten Fassung. Neu eingeführt wurde hier außerdem eine Übergangsregelung, nach der die Pflicht zum Anschluss an das L-Gasnetz auflebt, wenn der technische Umstellungstermin bereits zu veröffentlichen ist (zwei Jahre vorher) und durch den Anschluss der Gesamtbedarf an L-Gas in dem jeweiligen Netz nur unwesentlich erhöht wird.
Prof. Christian Held, Partner von Becker Büttner Held, hält diese Neuregelungen für bedenklich: „Wenn ein Netzausbau nicht bedarfsgerecht ist, dann können die Kosten nicht auf die Netzentgelte umgelegt werden. Netzbetreiber werden dann nicht investieren“. Eine solche Regelung, mit der ein nicht-bedarfsgerechter Netzausbau definiert wird, sei von grundlegender Bedeutung für die deutsche Gaswirtschaft. Konkret betroffen seien vor allem die Netzbetreiber, deren Netz erst spät auf H-Gas umgestellt wird. Auch wenn der Gesetzgebungsprozess schon in diesem Jahr abgeschlossen sein soll, wird es noch Möglichkeiten zur Stellungnahme geben.