Die Vorgehensweise bei einer Umstellung von Verteilnetzen von Erdgas auf Wasserstoff könnte analog zur L-/H-Gas-Umstellung erfolgen. Dies erläuterten Vertreter der Fernleitungsnetzbetreiber (FNBs) beim Workshop ihres Verbandes, dem FNB Gas zum Szenariorahmen für den Netzentwicklungsplan (NEP) Gas 2022 – 2032 am 1. Juli.
Wasserstoff ist das große Thema für den Szenariorahmen und damit auch für den kommenden NEP. Der FNB Gas hat von Januar bis April dieses Jahres eine „Marktabfrage Wasserstoff Erzeugung und Bedarf (WEB)“ durchgeführt. Neben Wasserstoffprojekten konnten auch Projekte für synthetisches Methan sowie Biomethan gemeldet werden. Die FNBs wurden von Projektmitteilungen regelrecht überrollt. 500 Projekte wurden ihnen gemeldet, davon 488 Wasserstoffprojekte. Die geplante Einspeisemenge über alle Projekte liegt bei 233 TWh. Im Rahmen der Projekte soll bis 2032 eine Elektrolyseleistung von 26 GW entstehen. Die Zahlen liegen weit, weit über allen Studienergebnissen und auch den Projektionen der Bundesregierung im Rahmen der Nationalen Wasserstoffstrategie. Ein wesentlicher Grund für die enorm hohen Leistungs- und Mengenangaben sind einige Großprojekte. Fünf Großprojekte sind für rund 75 Prozent der für 2032 avisierten Ausspeisemenge verantwortlich. Für ihre geplante Wasserstoff-Modellierung werden die FNBs dann aber nur solche Projekte berücksichtigen, für die bis zum 1.10.2021 eine Absichtserklärung für die Realisierung mit einem FNB unterzeichnet wurde.
Spannend ist die Verteilnetzebene. In 185 Fällen haben Verteilnetzbetreiber den FNBs pauschal gemeldet, dass sie bis 2032, 2040 oder 2050 einen bestimmten Anteil von Wasserstoff als Beimischung in ihrem Netz erwarten oder das Netz, beziehungsweise Netzteile vollständig auf Wasserstoff umstellen wollen. Mit der Beimischung tun sich die FNBs schwer, wie sie im Rahmen des Workshops erläuterten. Auf der Fernleitungsebene sehen die FNBs eine Beimischung als „nicht zielführend“ an. Das heißt, sie können eine Beimischung nur dann ermöglichen, wenn an den Übergabepunkten zu Verteilnetzen sowohl eine Erdgasleistung als auch – in Zukunft – eine Wasserstoffleitung verfügbar ist. Dies ist aber nach ihrer Einschätzung in den seltensten Fällen der Fall. Deshalb wollen die FNBs ausgewählte Netzkopplungspunkte – wie auch bei der L-/H-Gas.-Umstellung – direkt auf Wasserstoff umstellen. „Dies ist aber nur in enger und intensiver Zusammenarbeit mit den Verteilnetzbetreibern zu erreichen“, betonten sie. Die BNetzA hat bei dem Thema Wasserstoff in Verteilnetzen grundsätzliche Bauchschmerzen: „Wir haben dabei großen Klärungsbedarf“, sagte die zuständige Referatsleiterin der Behörde Eva Haupt und fragte, wo der notwendige Wasserstoff herkommen soll.
Auch wenn die FNBs mit Zustimmung der BNetzA eine Wasserstoff-Variante modellieren, wird damit nicht der Aufbau des Wasserstoffnetzes entschieden. Dies tut die BNetzA im Rahmen separater Ad Hoc Prüfungen. Die Modellierung soll lediglich zeigen, welche Leitungen nicht mehr für den Erdgastransport benötigt und potenziell umgewidmet werden können.
Ach ja; die L-Gas Umstellung war in dem Szenariorahmen nur am Rande ein Thema. Den FNB bereitet die schneller als bisher prognostiziert zurückgehende deutsche Produktion Sorge. Dies könne Auswirkungen auf die Versorgungssicherheit im L-Gas haben, schreiben sie im Szenariorahmen. Details zu einem weiter angepassten Umstellungsprozess wird erst der NEP enthalten. Der wird Anfang des kommenden Jahres erstellt, nachdem die BNetzA den Szenariorahmen bestätigt hat. Dies ist bis Ende 2021 geplant. Die Präsentationen des Workshops sind auf der Internetseite des FNB Gas unter https://www.fnb-gas.de/netzentwicklungsplan/szenariorahmen/szenariorahmen-2022/ abrufbar.