Am 8. Januar 2018 hat es im Raum Groningen ein Erdbeben mit der Stärke 3,4 auf der Richterskala gegeben. Es war das zweitstärkste Beben, das die Region bislang erschüttert hat. Bereits am Abend des 8. Januar 2018 waren über 300 Schadensmeldungen eingegangen. Ursache des Erdbebens ist die Gasförderung aus dem bedeutenden Groningen-Feld, aus dem auch der weit überwiegende Teil des in großen Teilen Nordwestdeutschlands verwendeten so genannten L-Gases stammt.
Der Wirtschaftsminister der Niederlande hat unverzüglich angekündigt, die Förderung aus dem Groningen-Feld abzusenken, um weiteren Erdbeben vorzubeugen. Dies kann erhebliche Auswirkungen auf die Versorgung in Nordwestdeutschland haben:
In den nächsten zwei Jahrzehnten werden alle L-Gas-Netze, also Netze, die niederkalorisches Gas verwenden, auf H-Gas umgestellt, weil die niederländischen und deutschen Vorräte zu Ende gehen. An sich ist dies kein Problem, weil das hochkalorische Erdgas in großen Mengen langfristig zur Verfügung steht und insoweit die Versorgungssicherheit gewährleistet werden kann. Allerdings ist die Umstellung von über 100 Gasnetzen eine durchaus komplexe Angelegenheit und über 5,5 Mio. Geräte müssen umgestellt werden, von der normalen Heizung bis zur industriellen Gasanwendung. Dieses größte Infrastrukturprojekt der deutschen Gaswirtschaft liegt in der gesetzlichen Verantwortung der betroffenen Verteilnetzbetreiber. Das Problem liegt nun darin, dass die in den nächsten Jahren benötigten Umstellungskapazitäten der Dienstleistungsunternehmen sich erst im Aufbau befinden und die gesamte Planung sehr ambitioniert ist (mit der Umstellung mit bis zu 600.000 Geräten pro Jahr).
Die Arbeitsgemeinschaft Erdgasumstellung (ARGE EGU), eine Interessengemeinschaft von 43 von der Umstellung betroffenen Verteilnetzbetreibern, hat immer darauf hingewiesen, dass das Projekt funktioniert, „wenn alles gut geht“, eine Beschleunigung, die durch eine weitere Reduzierung der Förderung bedingt ist, aber kaum machbar erscheint. Hier sieht die ARGE EGU die Bundesnetzagentur in der Pflicht, für die notwendige Absicherung zu sorgen, beispielsweise durch die Anerkennung von Konvertierungsanlagen, mittels deren H-Gas in L-Gas verwandelt werden kann, als regulierte Infrastruktur und die Modellierung verschiedener Risikoszenarien und ihrer Absicherung:
„Wir haben den Präsidenten der Bundesnetzagentur angeschrieben und ihn gebeten, dass so schnell wie möglich mit der niederländischen Regierung geklärt wird, wie viel L-Gas aus den Niederlanden in den nächsten Jahren zur Verfügung steht. Auf dieser Basis muss im Rahmen des Netzentwicklungsplanes eine Planung unter Berücksichtigung von Risikoszenarien wie zum Beispiel weiterer Erdbeben durchgeführt werden. Es müssen auch die Voraussetzungen für Konvertierungsanlagen als regulierte Infrastruktur zur Absicherung geschaffen werden.“, so Professor Christian Held von der Kanzlei Becker Büttner Held, die die ARGE EGU vertritt.
Randulph Noack, Geschäftsführer der Stadtwerke Porta Westfalica und ein Sprecher der Arbeitsgemeinschaft ergänzt: „Wir wollen nichts dramatisieren, aber die Versorgungssicherheit ist das wichtigste Prinzip der Energiewirtschaft. Die Bundesnetzagentur muss jetzt handeln!“.
Ansprechpartner: Prof. Christian Held